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Vor- und Nachteile der Therapien

Im Folgenden werden die Vor- und Nachteile der beschriebenen Methoden erläutert und einander gegenübergestellt.

Bougierung

Bei der Bougierung handelt es sich um ein recht einfaches, kostengünstiges Verfahren, welches auch ambulant durchgeführt werden kann.1 Durch die bei der Aufdehnung entstehenden Mikroläsionen kommt es bei diesem Verfahren zu einer verstärkten Narbenbildung und einer zusätzlichen Verengung des Harnröhrenlumens (siehe Kapitel Bougierung). Aufgrund der kurzzeitigen Erfolgsdauer der Intervention und der hohen Rezidivwahrscheinlichkeit stellt diese Methode somit keine Alternative zur langfristigen Behandlung der Harnröhrenstriktur dar.

Urethrotomie

Die Urethrotomie bietet ebenfalls eine einfache und schnelle Behandlungsoption.2 Unmittelbar nach der Behandlung stellt sich eine Verbesserung der Situation für den Patienten ein. Allerdings kommt es, wie in Kapitel Urethrotomie beschrieben, mit jedem neuen Eingriff zu einer Verlängerung der Rezidivenge. Mit Kosten in Höhe von 1.505,75 EUR bei stationärer Erbringung, beziehungsweise Kosten in Höhe von 286,21 EUR bei ambulanter Durchführung, stellt die Urethrotomie eine recht kostengünstige Variante der Therapie dar. Das Problem besteht jedoch in der sehr hohen, nahezu hundertprozentigen, Rezidivwahrscheinlichkeit.3 Eine endgültige Behandlung der Harnröhrenstriktur anhand von Urethrotomien gelingt daher nur sehr selten. Die Durchführung mehrfacher Urethrotomien verschlechtert zudem die Wirksamkeit nachfolgender Behandlungen und somit die langfristigen Heilungschancen.4

Strikturresektion mit End-zu-End-Anastomose

Auch die Strikturresektion mit End-zu-End-Anastomose stellt lediglich bei kurzen Strikturen eine Behandlungsmöglichkeit dar. Die Ergebnisse dieser Operationstechnik sind außerdem von der Zahl der endoskopischen Voroperationen abhängig, weshalb die Indikation auch bereits bei erstdiagnostizierten HRS gestellt werden sollte. Ist aufgrund der Länge der HRS eine End-zu-End-Anastomose nicht möglich, so muss eine offene Rekonstruktion der HR mittels Gewebetransfer erfolgen. Die Risiken des Verfahrens liegen in der Gefahr von Nahtdehiszenzen, Rezidiven sowie penilen Verkürzungen und Verkrümmungen.5

Rekonstruktion der Harnröhre mittels gestieltem Lappen

Die Rekonstruktion der Harnröhre mittels gestieltem Lappen ist mit relativ geringen früh-postoperativen Komplikationen verbunden. Im Langzeitverlauf zeigen sich jedoch oftmals Probleme, die beispielsweise durch die kontinuierliche Ausdehnung der dünnen Vorhaut, die der ständigen Feuchtigkeit ausgesetzt ist, bedingt sind. Aufgrund der resultierenden Rezidivbildung wird diese Technik zunehmend seltener angewendet.6,7

Urethroplastik mit nativer Mundschleimhaut

Bei der Urethroplastik mit nativer Mundschleimhaut wird vor der Transplantation zunächst ein Stück der Mundschleimhaut entnommen und zur Rekonstruktion verwendet.8 Dieser Eingriff kann zu Komplikationen in Form von Folgeschäden nach der Entnahme des oralen Hautlappens führen. Aufgrund der bisherigen Alternativlosigkeit des Verfahrens, da zum aktuellen Zeitpunkt die Datenlage lediglich auf Expertenberichten und -meinungen beruht, werden die Nebenwirkungen bisher wenig untersucht. Die Urethroplastik mit Mundschleimhaut scheint ein wirksames Verfahren darzustellen, dessen Evidenz jedoch aktuell nicht wissenschaftlich belegt ist. Die Behandlung von langstreckigen Strikturen stellt jedoch aufgrund der eingeschränkten Verfügbarkeit der Mundschleimhaut sowie des damit verbundenen erhöhten Komplikationsrisikos eine besondere Herausforderung dar.9,10

Transplantation von Mundschleimhaut mit MukoCell®

Die Transplantation von Mundschleimhaut unter dem Einsatz von MukoCell® ermöglicht seit dem Jahr 2013 langstreckige Verengungen der Harnröhre möglichst schonend und effektiv zu behandeln. Die Charakteristika von Mundschleimhaut und ihre damit einhergehende Eignung zur Rekonstruktion der Harnröhre werden als Basis des Verfahrens genutzt. Das biotechnologisch gezüchtete Gewebetransplantat erlaubt es, die Vorteile der Mundschleimhaut zu nutzen, ohne dabei eine langfristige Schädigung von gesunden Organen zu verursachen. Die Verletzung eines gesunden Organs zur Behandlung der Striktur sowie das Risiko von Nebenwirkungen zu akzeptieren, obwohl mit MukoCell® ein fortgeschrittenes Alternativverfahren zur Verfügung steht, widerspricht den Grundsätzen des ethischen Handelns in der Medizin. Zudem werden durch die Verletzung der Mundschleimhaut nicht nur Folgeschäden wie Taubheitsgefühl, Schmerzen und Beeinträchtigung der Mimik toleriert, sondern auch das Risiko einer Erkrankung an Mundkrebs signifikant erhöht.

1 Kassenärztliche Bundesvereinigung KdöR. Berlin, Stand 2017/1, erstellt am 23.01.2017, abrufbar unter http://www.kbv.de/html/online-ebm.php, letzter Zugriff am 03.02.2017
2 Tritschler et al. Harnröhrenstrikturen – Ursachen, Diagnose und Therapien. Deutsche Ärzteblatt International. 2013; 110(13):220-226.
3 Santucci and Eisenberg. Urethrotomy has a much lower success rate than previously reported. The Journal of urology. 2010; 185(5):1859-1862.
4 Kessler et al. Long-term results of surgery for urethral stricture: a statistical analysis. J Urol. 2003 Sep;170(3):840-4.
5 Klevecka et al. Harnröhrenstriktur: Ursachen, Klassifikation, Diagnostik und Behandlung. Journal für Urologie und Urogynäkologie. 2010; 17(4):16-24
6 Knispel HH. Harnröhrenstrikturen. In: Jocham D u. Miller, K. Praxis der Urologie. In zwei Bändern. Band II. 3,. überarbeit. und erw. Auflage. Georg Thieme Verlag. Stuttgart. 2007.
7 Fiala R, Vidlar A, Vrtal R, Belej K,Student V. Porcine small intestinal submucosa graft for repair of anterior urethral strictures. Eur Urol 2007; 51: 702–8.
8 Ebd.
9 Palminterie et al. Urethral reconstruction in lichen sclerosus. Curr Opin Urol. 2012 Nov;22(6):478-83.
10 Engel et al. Harnröhrenrekonstruktion unter Verwendung von Mundschleimhauttransplantaten. Urologe A. 2013 May;52(5):650-656.