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Therapieoptionen bei Harnröhrenstrikturen

Die HRS beschreibt eine Einengung des Lumens der Harnröhre. Sie hat verschiedene Ursachen und wird hauptsächlich iatrogen, als Folge urethraler Manipulationen, verursacht.1 Betroffen sind von dieser Erkrankung vorwiegend Männer. Ab dem 55. Lebensjahr steigt die Inzidenz dieser Erkrankung stark an.2,3 Zur Behandlung der Verengung stehen verschiedene operative Verfahren zu Verfügung.

Zu diesen zählen unter anderem die Aufdehnung der Stenose (Bougierung), endoskopische Schlitzungen (Urethrotomia interna) und unterschiedliche offen-chirurgische Urethroplastiktechniken.4

Tabelle 1: Übersicht über verschiedene Methoden zur Behandlung der Harnröhrenstriktur (Tritschler et. al.)5

Endoskopische Therapien

Offen-chirurgische Verfahren

  • Bougierung

  • Harnröhrenschlitzung
    (Urethrotomia interna)

  • Harnröhrenplastik mit Mundschleimhaut

  • Harnröhrenplastik mit gestieltem Lappen
    (z.B. Hautlappen der Penisschafthaut oder der Skrotalhaut)

  • Strikturresektion und End-zu-End-Anastomose

 

In den folgenden Kapiteln werden die derzeitigen minimalinvasiven Standardverfahren, die Bougierung und die Schlitzung sowie die offen-chirurgischen Verfahren dargestellt, ihre Vor- und Nachteile aufgezeigt und die Effizienz der Therapiealternativen diskutiert. Zudem findet ein Vergleich dieser Methoden mit der Behandlung mit dem biotechnologisch hergestellten Gewebeersatz MukoCell® statt.

Behandlung: Harnröhren-Rekonstruktuib mit Mukocell

Die Harnröhren-Rekonstruktion mit dem autologen patienteneigenen Zelltransplantat MukoCell® ist eine schonende Alternative zur herkömmlichen Transplantation mit nativer Mundschleimhaut. Der aus patienteneigenen Zellen gezüchtete Gewebeersatz integriert sich innerhalb kurzer Zeit in das umgebende Gewebe und entwickelt sich zu neuem, voll funktionsfähigem Harnröhrengewebe. Zur Gewinnung des Transplantats wird den Patienten unter lokaler Anästhesie ein kleines Stück der Mundschleimhaut entnommen (siehe Abbildung).

Kleine Biopsie statt großflächiger Entnahme von Mundschleimhaut

Für die Patienten hat der Einsatz des autologen Transplantates entscheidende Vorteile, da die Entnahme der Biopsie weitgehend schmerz- und komplikationsfrei abläuft. Die herkömmliche großflächige Entnahme von nativer Mundschleimhaut und die damit verbundenen Komplikationen (Schmerzen, Blutungen, Missempfindungen, Kontrakturen, Deformierung des Mundes, Schwierigkeiten beim Essen, Trinken und Sprechen, dauerhafter Speichelfluss,…) entfallen. Durch die Entnahme nur weniger Zellen aus der Mundschleimhaut verkürzt sich außerdem die Operations- und Narkosezeit und vereinfacht damit die OP-Technik. Die Kosten für den Einsatz des Transplantates und die Pflege der Patienten bleiben gleich.

Behandlung: Harnöhren-Rekonstruktion mit Mundschleimhaut

Die Harnröhren-Rekonstruktion mit nativer Mundschleimhaut ist eine Methode zur Behandlung von Harnröhrenstrikturen. Die meist großflächige Entnahme von Mundschleimhaut aus der Wange des Patienten birgt allerdings damit verbundene Komplikationen wie Schmerzen, Blutungen oder Vernarbungen mit möglichen Folgen für Mimik, Nahrungsaufnahme, Beweglichkeit der Unterlippe. Aktuelle Statistiken weisen bei 18%-30% der Patienten Komplikationen durch die Entnahme von Mundschleimhaut aus. Auch ist die Entnahme von nativer Mundschleimhaut aus der Wange des Patienten nur in begrenztem Umfang möglich.

Durch die Komplikationen im Mundbereich und die bisher nicht evidenzbasierte Datenlage ist die  Harnröhren-Rekonstruktion mit nativer Mundschleimhaut keine gute Methode zur Behandlung von Harnröhrenstrikturen dar.

Behandlung Komplikation im Mundbereich
Behandlung Urethrotomie Schlitzung

Die Schlitzung ist die am häufigsten angewendete Methode bei einer Harnröhrenverengung. Allein in Deutschland werden ca. 45.000 Eingriffe pro Jahr durchgeführt, wobei viele Patienten mehrfach behandelt werden. Das Verfahren ist schnell durchzuführen und in Relation zu den anderen Behandlungsmethoden pro Eingriff kostengünstiger. Die 12-Monats-Fehlerrate liegt hierbei allerdings bei 70%, bei wiederholten Schlitzungen sinken die Heilungschancen sogar auf bis zu 0%: Nach jeder Behandlungswiederholung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit auf eine Re-Striktur [Steenkamp et al 1997, Santucci 2009]. Ein Patient muss somit über seinen Lebenszeitraum mehrfach (teilweise 2-3 Mal pro Jahr) behandelt werden.

Aus diesem Grund gilt die nur temporär einzusetzende Urethrotomie/Schlitzung nicht als eine sinnvolle Methode zur Behandlung von Harnröhrenstrikturen.

Behandlungsmethode
1 Lumen et al. Etiology of urethral stricture disease in the 21st century. The Journal of urology, 182:983-987.
2 McMillan A, Pakianathan M, Mao JH, Macintyre CCA. Urethral stricture and urethritis in men in Scotland, Genitorium Medicine. 1994; 70(6):403–405.
3 Santucci and Eisenberg. Urethrotomy has a much lower success rate than previously reported. The Journal of urology. 2010; 185(5):1859-1862.
4 Rohwer AE. Langzeitergebnisse und Lebensqualität nach Rekonstruktion der Harnröhre mit Mundschleimhaut, Dissertation, Medizinische Fakultät der Universität Hamburg, 2015.
5 Tritschler et al. Harnröhrenstrikturen – Ursachen, Diagnose und Therapien. Deutsche Ärzteblatt International. 2013; 110(13):220-226.