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Urethroplastik mit einem freien Transplantat aus der Mundschleimhaut

Eine offen-chirurgische Urethroplastik mit einem freien Transplantat aus der Mundschleimhaut stellt eine weitere Behandlungsmöglichkeit bei Harnröhrenstrikturen dar. Die Erfolgsrate dieser Intervention ist im Vergleich zu den bereits erwähnten Verfahren wesentlich höher. Die plastische Rekonstruktion wird vor allem bei langstreckigen bulbären und allen penilen Strikturen sowie nach frustraner Durchführung mehrfacher Urethrotomien beziehungsweise Bougierungen angewendet.1,2 Die Entnahme der Schleimhaut aus dem Mundraum des Patienten führt jedoch zu postoperativen Komplikationen.3

Bei der Urethroplastik wird die Harnröhre über der verengten Stelle in Längsrichtung geöffnet und mit einem Transplantat aus der Mundschleimhaut erweitert. Abhängig von der Länge der Striktur variiert auch die Größe des entnommenen Transplantats. Die Mundschleimhaut kann sowohl von der Wange, als auch von der Zunge oder der Lippe des Patienten entnommen werden.4

Die Urethroplastik mit Mundschleimhaut ist laut Tritschler et al.5 dann zu empfehlen, wenn eine Schlitzung keinen Erfolg gezeigt hat oder die Striktur eine Ausdehnung von mehr als 2,5 cm Länge aufweist. Es ist zu betonen, dass durch die präinterventionelle Durchführung von zwei oder mehr Urethrotomien ein erhöhtes Risiko des Misserfolgs einer Urethroplastik verursacht wird.6 Dieses Verfahren sollte daher vor allem bei jüngeren Patienten sowie bei multiplen und hochgradigen, langstreckigen Strikturen frühzeitig Anwendung finden.7

In Einzelfällen konnten mit dieser Methode hohe Erfolgsraten erzielt werden.8 Allerdings stehen hierzu lediglich Daten einzelner Kliniken aus retrospektiven Studien zur Verfügung. Auch die Leitlinie der American Urological Association zur Behandlung von urethralen Strikturen bei Männern bestätigt die fehlende Evidenz dieses anerkannten Verfahrens. So liegen zum aktuellen Zeitpunkt lediglich Studien mit der Evidenzklasse C vor, die auf Berichten und Meinungen von Experten beziehungsweise der klinischen Erprobung von anerkannten Autoritäten, basieren.

Die Entnahme der Mundschleimhaut ist zudem zum Teil mit Nebenwirkungen verbunden. Mit der Größe des Transplantats steigt auch das Risiko langanhaltender Folgeschäden. Je größer das benötigte Transplantat und der verursachte Defekt im Mundraum wird, umso wahrscheinlicher werden die lokalen Komplikationen an der Entnahmestelle. So zeigen die Studien von Dublin und Stewart9 sowie von Wood et al.10 die andauernden gesundheitlichen Folgen, die sich aus den Nebenwirkungen der oralen Eingriffe entwickelten. Zudem entstehen im Mundraum der Patienten narbige Veränderungen, die aufgrund der ständigen Reizung und der Infektionsgefahr ein erhöhtes Risiko einer Krebserkrankung darstellen.11

Die Ergebnisse der Studie von Piemonte et al., in der insgesamt 406 Patienten eingeschlossen worden waren, zeigen, dass bei 75,56 % der an Mundkrebs erkrankten Patienten, eine chronische Verletzung der Mundschleimhaut vorangegangen war (p < 0,0001). Diese Erkenntnisse werden ebenso von Perry et al.12 belegt. Ferner stellen vor allem Strikturen mit einer Länge ≥ 5 cm ein erhöhtes Risiko für Folgeschäden und die Bildung eines Rezidivs dar.13

1 Andrich and Mundy. What is the best technique for urethroplasty? European Urology. 2008; 54(5):1031-1041.
2 Zugor et al. Offene urethrale Rekonstruktion bei Harnröhrenstrikturen. Urologie. 2014(1): 76-78
3 Dublin and Stewart. Oral complications after buccal mucosal graft harvest for urethroplasty. BJU International. 2004; 94(6):867-869.
4 Anger JT, Buckley JC, Santucci RA, Elliott SP, Saigal CS. Trends in stricture management among male Medicare beneficiaries: underuse of urethroplasty? Urology 2011; 77(2): 481–485.
5 Tritschler et al. Harnröhrenstrikturen – Ursachen, Diagnose und Therapien. Deutsche Ärzteblatt International. 2013; 110(13):220-226.
6 Kessler et al. Long-term results of surgery for urethral stricture: a statistical analysis. J Urol. 2003 Sep;170(3):840-4.
7 Leyh. Urethrotomia interna. Urol 2014; 45(03): 233-241.
8 Barbagli G, Guazzoni G, Lazzeri M: One-stage bulbar urethroplasty: retrospective analysis of the results in 375 patients. Eur Urol 2008; 53: 828–33.
9 Dublin and Stewart. Oral complications after buccal mucosal graft harvest for urethroplasty. BJU International. 2004; 94(6):867-869.
10 Wood et al. The morbidity of buccal mucosal graft harvest for urethroplasty and the effect of nonclosure of the graft harvest site on postoperative pain. The Journal of Urology. 2004; 172(2):580-583.
11 Perry BJ et al. Sites of Origin of Oral Cavity Cancer in Nonsmokers vs Smokers Possible Evidence of Dental Trauma Carcinogenesis and Its Importance Compared With Human Papillomavirus. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2015;141(1):5-11.
12 Perry BJ; Zammit AP,Lewandowski AW, Bashford JJ, Dragovic AS, Perry EJ, Hayatbakhsh R, Perry CFL. Sites of Origin of Oral Cavity Cancer in Nonsmokers vs Smokers Possible Evidence of Dental Trauma Carcinogenesis and Its Importance Compared With Human Papillomavirus. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2015;141(1):5-11.
13 Kinnaird et al. Stricture length and etiology as preoperative independent predictors of recurrence after urethroplasty: A multivariate analysis of 604 urethroplasties. Can Urol Assoc J 2014;8(5-6)