«Life Sciences»
Sachsen will mit der Biotechnologie an die Weltspitze
11. Dezember 2012
Seit der Freistaat Sachsen zur Jahrtausendwende eine Biotechnologie-Offensive gestartet hat, überschlagen sich die Meldungen über neue Forschungsergebnisse in diesem Bereich. Etwa 200 Millionen Euro wurden für die Bio-City in Leipzig und das Bio-Innovationszentrum in Dresden aufgewendet.
Astrid Pawassar, Dresden
Man kennt die Bilder aus dem Fernsehen, wenn die Polizei wieder einmal auf der Suche nach Schwerverbrechern ist: Reihenweise treten Menschen an, um sich mit Wattestäbchen die Mundhöhle ausputzen zu lassen. Die Proben der Mundschleimhaut sind das Ausgangsmaterial für den sogenannten genetischen Fingerabdruck, der heute zum Standardprogramm der Forensik gehört. Das Analysematerial dazu haben zwei amerikanische Firmen entwickelt – und eine deutsche.
Röhrchen in Schachteln
Im einem denkmalgeschützten Gebäude-Ensemble in Dresden residiert die Firma Biotype mit 30 Mitarbeitern. Der Wirtschaftsingenieur Wilhelm Zörgiebel hat Anfang der neunziger Jahre zunächst im Alleingang die ehemaligen Fertigungsstätten einer berühmten Möbelmanufaktur saniert und in ein Gewerbe- und Tagungszentrum verwandelt. Vor zehn Jahren stieg er mit einem Partner in die Biotechnologie-Branche ein und ist seither auf Expansionskurs. «Nach fünf Jahren haben wir das erste Geld verdient; jetzt wollen wir auf 200 Mitarbeiter anwachsen», erzählt er.
Sein Geld verdient Zörgiebel mit kleinen Röhrchen in Pappschachteln, Analyse-Kits für biochemische Untersuchungen tierischen oder menschlichen Materials. Die neueste Erfindung ist ein Schnellverfahren zum Nachweis von Hautpilzen. Mithilfe der Polymerasekettenreaktion (PCR) können die langsam wachsenden Pilzsporen in nur einem Tag sichtbar und quantifizierbar gemacht werden. Das gängige Analyseverfahren mittels Mikroskop benötigt dafür mehrere Wochen.
Bündelung der Kräfte
Kluge Köpfe wie Wilhelm Zörgiebel gibt es viele in Sachsen. Die Meldungen über neue Forschungsergebnisse im Bereich der regenerativen Therapien, der Nano- und molekularer Technologien überschlagen sich, seit der Freistaat zur Jahrtausendwende eine Biotechnologie-Offensive gestartet hat. Etwa 200 Millionen Euro wurden für die Bio-City in Leipzig und das Bio-Innovationszentrum in Dresden aufgewendet. Dort konzentriert sich die Grundlagenforschung in universitären und ausseruniversitären Instituten und es werden die Vernetzung von Forschung und ihre Verwertung in Startup-Unternehmen erprobt.
Doch gerade bei diesem letzten Schritt bekommt Sachsen einmal mehr die Last der Vergangenheit zu spüren. Es fehlt das Kapital von Grossunternehmen, um die Fülle zukunftsträchtiger Entwicklungen zur Produktionsreife zu bringen und anschliessend auf den internationalen Märkten zu placieren. Etwa die Hälfte der sächsischen Unternehmen in der Biotechnologie arbeitet mit weniger als zehn Mitarbeitern und hat damit wenig Chancen, auf wachstumsförderliche Umsatzzahlen zu kommen.
Im pharmazeutischen Bereich beispielsweise vergehen üblicherweise zwölf Jahre von der Entwicklung bis zur Zulassung eines neuen Medikamentes oder eines neuen medizintechnologischen Verfahrens. «Das kann keine neue, kleine Firma überbrücken», weiss Hans-Jürgen Grosse, Geschäftsführer von Biosaxony. Das Forschungspotenzial sei in Sachsen inzwischen so gross, dass man dringend etwas unternehmen müsse, um die klugen Köpfe im Lande zu halten. 70 kleine und mittlere Unternehmen der Biotech-Branche haben sich 2009 im Verein Biosaxony zusammengeschlossen, um Vernetzung, Kooperationen und Marketing auf der internationalen Bühne voranzutreiben. Doch auf staatliche Hilfe könne man auch in Zukunft nicht verzichten, meint Grosse. Die Forschungsbudgets sollten seiner Meinung nach nun verstärkt auf die angewandte Forschung ausgerichtet und Verwertungsoffensiven unterstützt werden. Etwa 180 Millionen Euro seien dafür als Anschubhilfe notwendig, insgesamt plant die Branche mit Investitionen von 300 Millionen Euro in den nächsten acht bis zehn Jahren.
Hoffen auf Unterstützung
Kooperationen, wie sie das Dresdner Pharmaunternehmen Apogepha praktiziert, wünscht sich der Biosaxony-Geschäftsführer zuhauf. Apogepha stieg als Mehrheitsgesellschafter und strategischer Partner bei dem jungen Unternehmen Uro-Tiss ein, das eine Forscherin der TU Dresden gegründet hat. In dessen Bioinnovationszentrum werden Transplantate aus patienteneigenen Körperzellen gezüchtet, die bei schonenden Operationen an verengten Harnröhren eingesetzt werden können – eine Weltneuheit. Die Kette von der Grundlagenforschung bis zur Entwicklung eines marktfähigen Produktes hat in diesem Fall schon funktioniert. Noch fehlt aber auch hier das letzte Glied: Die Transplantate werden nicht in Dresden, sondern in Freiburg produziert.
Gerade im Bereich der sogenannten personalisierten Medizin sehen die Strategen von «biosaxony» gute Entwicklungschancen für junge Unternehmen, aber auch bei der Hightech-Medizintechnik, in der Umwelt-, Energie-, Holz- und Textilwirtschaft. Schon die moralische Unterstützung durch die Landespolitik, wie es sie jahrelang für die Automobil- und Maschinenbauindustrie gegeben hat, sei wichtig, meint Hans-Jürgen Grosse: «Das spornt auch private Investoren an.» Noch hat sich Sachsens Staatsregierung nicht zu einer neuerlichen Biotechnologie-Offensive positioniert. Immerhin überreichte der Wirtschaftsminister jüngst einen Fördermittelbescheid über 490 000 Euro als Anschubfinanzierung für die neue Biosaxony Management GmbH.
Quelle : Neue Zürcher Zeitung 11.12.2012
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