Eine Harnröhrenverengung (Harnröhrenstriktur) – also die dauerhafte (chronische) Einengung der Weite (Lumen) der Harnröhre – betrifft Männer deutlich häufiger als Frauen. Meistens verengt narbiges oder anderweitig beschädigtes Gewebe die Harnröhre und verhindert den Urinabfluss. Daher ist das Ziel jeder Behandlung ein – dauerhaftes – Aufweiten der Harnröhre, um das Wasserlassen wieder zu normalisieren. Dadurch kann die Lebensqualität der Betroffenen wieder hergestellt und ihre Gesundheit erhalten werden.
Für die Behandlung gibt es verschiedene Methoden. Neben ausgewählten minimalinvasiven ambulanten Eingriffen handelt es sich dabei überwiegend um operative Verfahren, die in urologischen Kliniken oder urologischen Abteilungen durchgeführt werden.
Die Wahl der infrage kommenden Methode hängt grundsätzlich von der Lage und der Länge der Verengung ab, ob es bereits vorherige Eingriffe gab und ob ein chirurgischer Eingriff möglich ist. Denn manchmal sprechen gesundheitliche Gründe gegen eine – längere – Operation, weil das Narkoserisiko für Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu groß sein kann. Hier berät Sie Ihr Arzt oder Ihre Ärztin, was im individuellen Fall sinnvoll ist.
Aufdehnung (ambulant)
Schlitzung / Urethrotomie (ambulant)
Offene Operationen
Strikturresektion mit End-zu-End-Anastomose
Harnröhrenrekonstruktion
mit einem Hautlappen aus der Penis-Vorhaut
mit einem Transplantat aus der Mundschleimhaut
mit dem MukoCell®-Verfahren (neuartige und schonende Methode)
Im Einzelnen stellen wir Ihnen die Behandlungsmöglichkeiten bei Harnröhrenverengungen kurz vor:
Minimalinvasive Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass sie ambulant und dadurch relativ schnell durchgeführt werden können. Zu ihnen zählen die Aufdehnung und die Schlitzung. Oft haben sie aber keinen dauerhaften Erfolg, da weitere Verletzungen durch den Eingriff auftreten können, die erneute Verengungen mit sich bringen. Fachleute sprechen von einem Rückfall (Rezidiv).
Die Aufdehnung der Harnröhre ist das älteste Verfahren. Die verengte Harnröhre wird unter örtlicher Betäubung mittels einer Sonde oder einem speziellen „Ballon“ (zum Teil mit einem Wirkstoff beschichtet) aufgedehnt. Geeignet ist eine Aufweitung nur für kurze Verengungen bis maximal drei Zentimeter.
Nachteil: Wenn das Schleimhautgewebe durch die mechanische Aufweitung reißt (Mikrorisse), können sich neue Narben bilden. Der Effekt des Verfahrens ist daher häufig zeitlich begrenzt: Oft kommt es schon nach vier bis sechs Wochen zu einem Rückfall, also einer erneuten Verengung.1
Eine Aufweitung wird vor allem dann gewählt, wenn altersbedingte oder gesundheitliche Gründe (Narkoserisiko) gegen eine Operation sprechen.3
Die Schlitzung wird zur Behandlung von Harnröhrenverengungen am häufigsten angewendet.4 Hierbei wird die narbige Verengung durch ein Messer oder einen Laser unter örtlicher Betäubung – oder auch unter Vollnarkose – gespalten. Dazu nutzt der Arzt oder die Ärztin ein Endoskop, also einen biegsamen Gummischlauch oder ein dünnes Metallrohr, das er in die Harnröhre einführt.
Nachteil: Bei der Schlitzung kommt es an den Wundrändern des Schnittes in der Regel zu einer erneuten Narbenbildung. Dadurch sind die Rückfallraten hoch und die dauerhaften Erfolgsraten gering.5,6,7
Das bestätigte auch eine im Jahr 2010 durchgeführte Studie8: Bei 76 Patienten wurde eine Schlitzung durchgeführt, wobei nur in acht Prozent der Fälle nach erstmaliger Schlitzung keine erneute Verengung auftrat. Die mittlere Zeit bis zum Wiederauftreten einer Verengung betrug lediglich sieben Monate. Nach dem zweiten Eingriff kam es in 94 Prozent der Fälle und nach mehr als drei Eingriffen bei 100 Prozent der Patienten zu einer erneuten Verengung.
Das bedeutet, dass nahezu alle Patienten, die Harnröhrenschlitzungen durchführen lassen, sich lebenslang regelmäßig erneut einem Eingriff unterziehen müssen. Ein weiterer Nachteil ist, dass sich die Länge der erneuten Verengung mit jedem Eingriff mehr ausdehnt, da immer auch ein Teil des gesunden Gewebes verletzt wird.
Zudem vermindert die mehrfache Durchführung von Harnröhrenschlitzungen die Erfolgsrate anderer Behandlungen und damit die Chancen einer langfristigen Heilung.8,9 Die beste Chance auf Erfolg haben kurze Strikturen mit einer Länge von weniger als 1,5 cm, die zum ersten Mal geschlitzt werden.6
In vielen Fällen ist die operative Behandlung der Harnröhrenverengung das geeignetste Mittel. Eingeteilt werden Operationen in die sogenannte Strikturresektion, bei der die Verengung herausgeschnitten wird, und in die operative Formung der Harnröhre, die sogenannte Urethroplastik (Urethra = medizinisch für Harnröhre, Plastik = operative Formung von Gewebeteilen oder Organen).
Bei dem Verfahren wird die Verengung herausgeschnitten und anschließend werden die beiden Enden miteinander vernäht. Die Methode ist nur für kurze Verengungen von ein bis maximal zwei Zentimetern geeignet8, wobei neben der Länge auch die Lage der Verengung eine Rolle spielt.4 Bei dieser Methode besteht die Gefahr, dass die Harnröhre nach dem Eingriff unter einer zu hohen Spannung steht. Das kann zu einer Penisverkrümmung führen4 und die Nähte belasten.
Betrifft die Verengung einen längeren Bereich der Harnröhre, wird in einer Operation das geschädigte Harnröhrengewebe durch ein Gewebe aus anderen Körperstellen ersetzt. Fachleute sprechen von einer Transplantation; da hier patienteneigenes Gewebe genommen wird von einer autologen Transplantation. Das körpereigene Gewebe ist gut verträglich und wird nicht abgestoßen.
Die Wiederherstellung der Harnröhre – auch Harnröhrenrekonstruktion oder Harnröhrenplastik genannt – ist ein anspruchsvoller Eingriff. Daher führen nur erfahrene Chirurginnen und Chirurgen solche Operationen durch. Ist die Operation aufgrund der Lage der Verengung kompliziert, können auch zwei oder drei Sitzungen für die Operation notwendig sein – mit einem Abstand von mindestens sechs Monaten dazwischen.
Offene Harnröhrenoperationen sind meist länger andauernde Operationen (chirurgische Eingriffe), für die ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt eingeplant werden sollte. Um die Erfolgsaussichten zu erhöhen, hilft es, eine erfahrene Klinik auszuwählen.
Die Haut stammt vom Penis beziehungsweise der Vorhaut (kaum noch vom behaarten Hodensack) und bleibt über ein kleines Stück mit dem Ursprungsort verbunden, damit die Blutversorgung gewährleistet ist. Das nennen Fachleute einen gestielten (Haut)Lappen.
Entscheidend für den Erfolg des Eingriffs ist die Qualität der Durchblutung und die Beweglichkeit des Hautlappens.11 In 15 bis 30 Prozent der Fälle kommt es zu Komplikationen aufgrund von Durchblutungsstörungen des Hautlappens.
Nachteil: Die ständige Feuchtigkeit beansprucht das Transplantat und weitet es auf Dauer aus. Dadurch kann erneut eine Restharnbildung und Nachtröpfeln auftreten.
Deshalb wird ein gestielter Lappen immer seltener zur Behandlung eingesetzt.12
Es werden Stücke der Mundschleimhaut entnommenen. Das Gewebe hat sich als gut geeignet erwiesen, um beschädigtes Harnröhrengewebe zu ersetzen. Teilweise wird von einer sehr guten Erfolgsrate berichtet.13 Die Methode kommt vor allem bei längeren Verengungen zum Einsatz, oder wenn (mehrfache) Aufweitungen oder Schlitzungen keinen dauerhaften Erfolg bringen2,10,14. Allerdings haben vor allem Verengungen mit einer Länge ab 5 Zentimeter ein erhöhtes Risiko für Folgeschäden im Mund und zudem für einen Rückfall.15 Zudem senken zwei oder mehr vorangegangene Schlitzungen die Erfolgsrate für Harnröhrenplastiken.9 Deswegen ist es insbesondere für jüngere Patienten vorteilhaft, möglichst frühzeitig eine Harnröhrenplastik anstelle mehrfacher Schlitzungen durchführen zu lassen.7
Mundschleimhautstücke können sowohl von der Wange als auch von der Zunge oder der Lippe des Patienten entnommen werden.16 Da meist größere Gewebestücke benötigt werden, kommt es allerdings zu größeren Verletzungen im Mund.17,18 Diese können längerfristig zu Schmerzen, Problemen beim Sprechen und Essen und zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen – zum Beispiel, wenn die Speicheldrüsen verletzt wurden. Die entstehenden narbigen Veränderungen führen zu einer ständigen Reizung und weisen eine verstärkte Infektionsgefahr auf. Zudem stellen sie ein erhöhtes Risiko für eine Krebserkrankung im Mund dar.19
Statt normaler Mundschleimhautstücke wird MukoCell® gewählt. Der aus wenigen entnommenen Mundschleimhautzellen im Labor gezüchtete Gewebeersatz ist ein innovatives Verfahren, das auch für lange Verengungen geeignet ist. Denn mit relativ wenigen Zellen können auch mehrere und größere Stücke des Gewebeersatzes hergestellt werden, der genauso gut wie normale Mundschleimhaut funktioniert, aber ohne großflächige Verletzungen im Mund zu hinterlassen.
Je nach Methode ergeben sich bei Behandlung verengter Harnröhren unterschiedliche Vorteile und Nachteile, die wir für Sie übersichtlich zusammengefast haben:
gute Verträglichkeit, da Gewebe aus körpereigenen Zellen verwendet werden
Gezüchtetes Gewebe nutzt Vorteile der Mundschleimhaut ohne langfristige Schädigung der Mundhöhle
beliebige (Menge und) Länge möglich / gute Anpassungsmöglichkeiten in Größe und Form
Gewebe entwickelt sich zu einem voll funktionsfähigen Harnröhrengewebe
Gewebe zeigt hohe Widerstandsfähigkeit gegen Urin
hohe mechanische Stabilität des Gewebes
verkürzte Operations- und Narkosezeit
Fester Termin zwischen Entnahme der Mundschleimhautzellen und Operation
Kostenübernahme durch die Krankenkasse muss individuell geklärt werden
Für alle Verengungen geeignet, aber insbesondere für lange und ausgeprägte Fälle. Da mehrere vorausgegangene Schlitzungen die Erfolgsrate senken, sollte das Verfahren bei jüngeren Patienten zeitnah zur Anwendung kommen.
einfacher Eingriff
ambulant durchführbar
auch unter örtlicher Betäubung möglich
meist kurze Erfolgsdauer; oft Wiederholung in immer kürzeren Abständen nötig
Risiko von Verletzungen, dadurch können neue Verengungen auftreten
nur bei kurzer Verengung (maximal 3 cm)
Wenn Patient Operationen ablehnt oder wenn das Narkoserisiko für Operation zu hoch ist (zum Beispiel aus Altersgründen oder wegen ernster Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
einfacher, schneller Eingriff
ambulant durchführbar
auch unter örtlicher Betäubung möglich
Sehr geringe dauerhafte Erfolgsquote
Oft lebenslange Wiederholungen des Eingriffs nötig
Jeder Eingriff bringt neue Narben und verschlechtert Erfolgsaussichten auf Heilung
nur bei kurzer Verengung (< 1,5 cm)und nur bei geringer Vernarbung
zur Behandlung älterer Patienten, wenn Operationen abgelehnt werden oder das Narkoserisiko für Operation zu hoch ist
Verengung nahe der Blase (am Schließmuskel)
Hohe Erfolgsquote
nur bei kurzen Verengungen möglich
Naht kann aufgehen
Verkürzung des Penis und Penis-verkrümmung als mögliche Folgen
nur bei kurzer Verengung (1 – 2 cm)
nur bei geeigneter Lage der Verengung
gute Verträglichkeit, da körpereigenes Gewebe verwendet wird
an den meisten Stellen gut durchführbar
auch bei Infektionen durchführbar
kurzfristig sehr erfolgreich
Die dünne Vorhaut kann sich kontinuierlich ausdehnen, es kann zu Restharn-Bildung und Nachtröpfeln kommen
Haut verändert sich durch ständige Feuchtigkeit
Langfristig sind Rückfälle möglich
Hauterkrankung Lichen sclerosus ist eine Kontraindikation (verbietet Anwendung)
immer seltener angewendet
gute Verträglichkeit, da körpereigenes Gewebe verwendet wird
Art des Gewebes hat sich als gut geeignet herausgestellt
Erfolgsrate wesentlich höher als mit anderem Gewebe
Entnahme großflächiger Mundschleimhaut ist mit meist erheblichen Nebenwirkungen im Mundbereich verbunden:
Gefühlsstörungen
langanhaltende Schmerzen
Entzündungen
narbige Veränderungen
Schluckstörungen
Sprechstörungen
Spannungsgefühl (beim Gähnen)
Erschwerte Gesichtsmimik
erhöhtes Risiko einer Krebserkrankung
Bei Verengungen in der Harnröhre über 5 cm ist das Risiko für einen Rückfall erhöhte, weil das Gewebe nur eingeschränkt verfügbar ist.
vor allem bei langstreckigen Verengungen
bei Wiederauftreten von Verengungen nach vorangegangenen Eingriffen
einen Behandlungstermin bei einer unserer Partner-Kliniken vereinbaren möchten und dafür Unterstützung benötigen
mehr zu den Kosten der Behandlung mit MukoCell® erfahren möchten
sich über den genauen Behandlungsablauf mit MukoCell® informieren möchten